Abgesehen von Rechtsstreitigkeiten nach Scheidungen oder im Erbfall, droht eine Immobilie in der Regel zwangsversteigert zu werden, wenn der Eigentümer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann und seine Gläubiger ihre Ansprüche auf die Immobilie durchsetzen möchten. Ein häufiger Auslöser für eine Zwangsversteigerung ist der Zahlungsrückstand bei Hypothekenzahlungen. Doch auch ohne Rückstände kann die Zwangsversteigerung drohen - beispielsweise, weil die Tragbarkeit neu berechnet wurde und das Einkommen bzw. Vermögen dem Hypothekengeber nicht mehr ausreicht. Die aktuell stark steigenden Zinsen führen zu genau dieser Neuberechnung.
Steigende Restschuld nach Ablauf der Zinsbindung
Die meisten Hypotheken sind auf 10 Jahre festgeschrieben. Innerhalb dieser Zeit braucht man vor steigenden Zinssätzen keine Angst zu haben - allerdings profitiert man auch nicht von fallenden Zinsen. Nach Ablauf dieser Zeit wird der Zinssatz neu berechnet. Und nicht nur das: Steigen die Zinsen über 4.5 %, erlaubt sich die Bank, den Immobilienwert neu zu berechnen. Ist der aktuell erzielbare Marktwert deutlich niedriger als der ursprüngliche Kaufpreis, auf den die Hypothek damals berechnet wurde, so verlangt die Bank zur Absicherung sofort und unmittelbar 20 % des neu berechneten Immobilienwerts.
Wenn man die Richtzinssätze der 50 wichtigsten Kreditinstitute als Berechnungsgrundlage verwendet, ist der Zinssatz für zehnjährige Festhypotheken zuletzt um etwa 2.5 Prozent gestiegen. Wir und andere Experten warnen zudem vor weiter steigenden Zinsen.
Was ist Tragbarkeit?
Die Tragbarkeit einer Immobilie bezieht sich auf die Fähigkeit eines Kreditnehmers, die Hypothekenzahlungen für eine bestimmte Immobilie dauerhaft zu leisten, ohne dabei finanziell überfordert zu sein. Es wird berechnet, ob die monatlichen Zahlungen für eine Hypothek im Verhältnis zum Einkommen des Kreditnehmers angemessen und tragbar sind.
Um die Tragbarkeit zu beurteilen, werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:
- das Einkommen
- die monatlichen Ausgaben des Kreditnehmers,
- die Höhe des Eigenkapitals,
- die Kreditwürdigkeit und
- die Höhe der Hypothekenzinsen.
Eine Liegenschaft wird als finanzierbar bewertet, wenn die monatlichen Kosten nicht mehr als ein Drittel des Bruttoeinkommens ausmachen. Als «kalkulatorischen Zinssatz» verwenden die Banken für gewöhnlich 5% - also deutlich mehr als den realen Zinssatz. Nähern sich die realen Zinsen jedoch diesem kalkulatorischen Zinssatz oder übersteigen diesen sogar, wird die Tragbarkeit logischerweise neu kalkuliert. Mittlerweile verlangen die Banken zudem ein höheres Einkommen als noch vor einigen Jahren. Die steigenden Zinsen sind also nur eines von mehreren Problemen im Zusammenhang mit dieser Neuberechnung bzw. Neubewertung.
Drohende Zwangsversteigerung und Pflicht zur Begleichung der Restschuld
Lässt die Neuberechnung der Tragbarkeit nur den Schluss zu, dass sich der Hauseigentümer die Immobilie nicht mehr dauerhaft leisten können wird, so droht die Zwangsversteigerung zu einem deutlich nach unten korrigierten Preis. Zusätzlich darf die Bank die Restschuld innert 30 Tagen verlangen. Ein absolutes Schreckensszenario, das leider für viele Menschen real werden wird. Selbst wenn die Immobilie gehalten werden kann, ist das Geld für die “neue” Anzahlung in Höhe von 20 % des neuberechneten Immobilienwerts in der Regel nicht vorhanden. Hier bliebe nur die Aufnahme eines weiteren Kredits, um die Bank bedienen zu können.
Im folgenden Beispiel zeigen wir die Auswirkungen, wenn der Zinssatz auf 6% steigen würde:
Hypothek | 2010 | Hypothek | 2023 | ||
Kaufpreis | 1’000’000 | Kaufpreis | 700’000 | Wertminderung | |
Anzahlung | 200’000 | 20% | Anzahlung | 200’000 | 20% |
Hypothekarschuld | 800’000 | gesamt | Hypothekarschuld | 500’000 | gesamt |
Hypothek 1 | 650’000 | 65% | Hypothek 1 | 455’000 | 65% |
Hypothek 2 | 150’000 | 15% | Hypothek 2 | 105’000 | 15% |
Tragbarkeit | 2010 | Tragbarkeit | 2023 | ||
Bruttoeinkommen | 200’000 | Jahr | Bruttoeinkommen | 200’000 | Jahr |
Hypothek 1 Zins | 13’000 | 2% | Hypothek 1 Zins | 27’300 | 6% |
Hypothek 2 Zins | 3’000 | 2% | Hypothek 2 Zins | 6’300 | 6% |
Amortisation 2. Hypothek | 10’000 | Jahr | Amortisation 2. Hypothek | 7’000 | Jahr |
Unterhalt/Nebenkosten | 10’000 | 1% | Unterhalt/Nebenkosten | 7’000 | 1% |
Gesamtkosten pro Jahr | 36’000 | 18% | Gesamtkosten pro Jahr | 47’600 | 24% |
Gesamtkosten pro Monat | 3’000 | Gesamtkosten pro Monat | 3966.66667 |
Was Sie jetzt tun können
Lassen Sie Ihre finanzielle durch Experten genau prüfen. So stellen Sie sicher, dass Sie die richtige Entscheidung treffen, bevor Ihnen diese Entscheidung vom Hypothekengeber abgenommen wird.
Konkret: Sollten Sie sich Ihre Immobilie weiterhin leisten können, entscheiden Sie selbst, ob Sie diese behalten oder zu den aktuell noch hohen Immobilienpreisen veräussern möchten. Durch den Zinsanstieg werden die Immobilienpreise auf dem Markt in einigen Jahren deutlich sinken.
Zeitgleich gilt es, einen Fokus auf Ihre Vorsorgesituation zu lenken. Die steigenden Belastungen für Sie als Immobilieneigentümer erfordern naturgemäss ausreichend Kapital im Rentenalter.

Jasin Isik
Geschäftsführer SuisseKasse GmbH